„Aufstieg durch Bildung“

Auszugsweise Wiedergabe der Rede von Wolfgang Stehmer zum Haushalt der Gemeinde Hemmingen 2019 in 2 Teilen. Hier Teil 1:

Im Namen der Fraktion danke ich allen, die bei der Erstellung des Haushaltsplanes 2019 mitgewirkt haben. Das sind vor allem die Rathausmitarbeiter in der Kämmerei, der scheidende Gemeindekämmerer und seine Nachfolgerin und alle, die die Daten zusammengestellt und abgewogen haben und hier im Gemeinderat zusammen mit dem Bürgermeister Rede und Antwort stehen mussten.

  1. Gestalten, statt verwalten

Als ich 2014 die letzte Haushaltsrede hielt, war das die erste nach Umstellung des Rechnungswesens auf die Doppik. Mittlerweile haben wir uns an die neuen Begriffe gewöhnt, auch wenn es insgesamt nicht übersichtlicher geworden ist, im Gegenteil. Ich sehe zwar jetzt den Ressourcenverbrauch für einzelne Produkte, aber meist können wir nichts damit anfangen. Das Zauberwort war seinerzeit, dass der Gemeinderat durch Vorgabe von Leistungszielen steuern soll.

Doch was ist daraus geworden? Eigentlich nichts, weil die Mehrheit des Gemeinderats gar nicht steuern will. Sind neue Projekte beantragt, werden sie hier zerredet. Mancher Investitionsvorschlag der Verwaltung dwird forciert, oder – was häufiger geschieht – auf die „Lange Bank“ geschoben. Das ist kein Steuern, sondern nur ein Begleiten. Dem Rathaus wird es Recht sein, weil damit ihre Kreise nicht gestört werden. Die SPD-Fraktion will jedoch gestalten, nicht nur verwalten.

Von anderen politischen Gremien war ich es gewohnt, dass Haushaltsanträge der Fraktionen willkommen waren, und die Verwaltung sich ernsthaft darüber Gedanken machte, wie man diese umsetzen konnte. Ablehnungen gab es nur bei grundsätzlichen Bedenken. Hier im Gemeinderat scheint es aber so zu sein, dass fast alles auf grundsätzliche Bedenken stößt. Daher sind nahezu alle Haushaltsanträge der SPD 2019 entweder abgelehnt, oder in die große Warteschleife geschickt worden. Gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die hinter den Anträgen stehen, ist das nicht fair. Das fällt nicht nur mir auf, sondern auch all denen, die vergeblich hoffen, dass direkte Bürgerwünsche zum Zug kommen.

  1. Sehr gute Haushaltslage rechtfertigt kein Jammern

Die Gemeinde nimmt 2019 – 2022 jährlich rd. 12,4 – 13,8 Mio. Euro Steuern und ähnliche Abgaben ein, davon rd. 5 Mio. Euro Gewerbesteuer, 1,1 Mio. Euro Grundsteuer und 5,3 – 6,5 Mio. Euro Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer. Dazu kommen aus Zuweisungen, Umlagen, Kostenerstattungen, und sonstige Erträge in diesem Jahr noch rd. 6 Mio. Euro, und jeweils rd. 4,7 Mio. in den nächsten Jahren. Damit liegen die ordentlichen Erträge bei rd. 21 Mio. Euro in diesem und den folgenden Jahren.

Die ordentlichen Aufwendungen liegen in den nächsten Jahren stets unter den Erträgen und das unter Einrechnung der Abschreibungen in einer Größenordnung von jährlich 1,4 bis 1,6 Mio. Euro. Im Jahr 2019 werden sogar unter der sehr vorsichtigen Planung des Kämmerers in der laufenden Verwaltung 1,9 Mio. Euro mehr eingenommen als ausgegeben. Mit den Abschreibungen stehen sogar 3,3 Mio. Euro für Investitionen im laufenden Jahr zur Verfügung. Nun werden Sie einwenden, dass wir 2019 dennoch einen Finanzmittelzuschuss von 3,8 Mio. Euro haben und eine schwindende Rücklage aufzeigen. Dazu ist jedoch festzustellen, dass von dem Finanzdefizit des Jahres 2019 rd. 2 Mio. aus Grunderwerb entsteht, der einige Jahre später zu hohen Grundstückerlösen führen wird. Daneben haben wir rd. 20 Mio. Euro Rücklagen, Forderungen an Eigenbetriebe und sonstige liquide Mittel, die wir für Investitionen in die Zukunft und für die Zwischenfinanzierung vorhalten.

Das bisherige Märchen eines strukturellen Defizits kann daher heute nicht mehr erzählt werden. Und es ist auch nicht das „Licht am Ende des Tunnels“, das jetzt leuchtet, wie der Herr Bürgermeister bei der Haushaltseinbringung noch zum Besten gab. Es ist das Ergebnis einer Entwicklung, die viel zu lange kaschiert wurde. In den Jahren 2007 bis 2017 wurden im laufenden Haushalt nachweislich rd. 35 Mio. Euro mehr eingenommen, als ausgegeben. Wie man in dieser Zeit von einem strukturellen Defizit reden konnte, bleibt das Geheimnis des bisherigen Gemeindekämmerers, das er wohl mit in den Ruhestand nimmt.

 

  1. Wichtige Investitionen stehen an

Nach dem Neubau des Kindergartens „Hälde“ und des Feuerwehrgerätehauses stehen weitere Investitionen an, die wir unterstützen. Die Modernisierung und der Ausbau der Glemstalschule über den Gemeindeverwaltungsverband, der Neubau des Bauhofes in einer Größenordnung von rd. 2,5 Mio. Euro, der Neubau der Wohnanlage an der Hauptstraße für 1,5 Mio. Euro, die Bahnunterführung zur Hälde für eine Mio. Euro und der Neubau eines weiteren Kindergartens in der Ortsmitte für 2,5 Mio. Euro, um die Größten zu nennen. Dabei sollten wir mit dem Neubau des Kindergartens an der Laurentiusstraße nicht zu lange warten. Die Bedarfsplanung „Kommunale Kinderbetreuung 2015 – 2025“ zeigt uns, dass wir sieben neue Kindergartengruppen brauchen, wovon erst vier geschaffen worden sind. Auch die Verwaltung hat uns seinerzeit empfohlen, eine Kita in der Laurentiusstraße mit vier Gruppen zu bauen.

Bisher sind alle Prognosen eingetroffen oder sogar übertroffen worden. Wir werden daher auch den neuen Kindergarten an der Laurentiusstraße brauchen. Daneben müssen wir uns rechtzeitig Gedanken machen, wie wir das Provisorium an der Seestraße über dem alten Feuerwehrgerätehaus wieder aufgeben können. Denn dort wollen wir eigentlich Wohnungen bauen, die wir ebenfalls dringend brauchen.

 

  1. Glemstalschule umgehend modernisieren und ausbauen

Mehr Kinder in den Kindergärten bedeuten auch mehr Kinder in den Schulen. Unsere Grundschule hat die Größe und Ausstattung, dass sie die zusätzlichen Kinder aufnehmen kann. Die Glemstalschule aber leider nicht. Dazu kommt, dass die 40 Jahre alte Schule in einem baulich schlechten Zustand ist. Renovierungen wurden zum großen Teil wegen der geplanten Modernisierung nicht angegangen. Jetzt drängt die Zeit, zumal die in der Nähe liegende Schwieberdinger Grundschule mehr Platzbedarf hat und Räume nicht zur Verfügung stellen kann.

Wir sind erstaunt, dass für die Modernisierung der Glemstalschule jetzt rd. 30 Mio. Euro notwendig sein sollen, nachdem erste Studien 2016 noch von 15 – 16 Mio. Euro ausgingen. Die Baukostensteigerungen der letzten Jahre sind zwar hoch, und vier zusätzlich Klassenzimmer, die einmal in der Herman-Butzer-Schuler vorgesehen waren kosten Geld, aber rechtfertigen keine zusätzlichen 15 Mio. Euro. Im Gegensatz zu Realschulen brauchen Gemeinschaftsschulen ein anderes Raumkonzept, was einem renommierten Planungsbüro bekannt sein müsste. Wir akzeptieren nicht, dass dieses Planungsversagen jetzt indirekt den Eltern und der Schulleitung in die Schuhe geschoben wird, nur weil sie bei den Besprechungen über das Raumkonzept beteiligt waren.

Die SPD-Fraktion wird weiterhin dafür kämpfen, dass an der Glemstal-Gemeinschaftsschule eine Oberstufe eingerichtet wird. Wenn es mit diesem Gemeinderat nicht geht, dann hoffentlich mit einem späteren, der die Vorzüge einer Schule, in der mit integrativen Lernansätzen nicht nur der Hauptschulabschluss und die Mittlere Reife erlangt werden kann, sondern auch das Abitur. Und zwar ohne Schulwechsel und ohne Angst, dass die Durchschnittsnoten trotz höchstem Lernniveau nicht für einen Wechsel in ein Gymnasium reichen werden. Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe haben unbestreitbar einen wichtigen Standortvorteil. Es wäre fatal, diesen nicht zu nutzen.

Die Elternvertretung einer Schule ist ein unverzichtbarer Partner für das Gelingen eines guten Bildungserfolges. Das funktioniert aber nur, wenn die Eltern das Gefühl haben, auch ernst genommen zu werden. Wenn eine Unterschriftenaktion der Eltern weder beachtet, noch auf diese ernsthaft eingegangen wird, wenn Gespräche vereinbart werden und der Elternbeirat nicht weiß, was besprochen werden soll und wenn nach dem Brandbrief der Elternvertreterin die erste Reaktion war, einen schon vereinbarten Gesprächstermin in der Schulkonferenz abzusagen, ist das keine Deeskalation, sondern „Öl ins Feuer gießen“.

Es ist natürlich, dass sich Eltern Sorgen machen, wenn sie Mängel an der Schule wahrnehmen. Reflexartig zu behaupten, dass diese an einer 40 Jahre alten renovierungsbedürftigen Schule nicht vorhanden seien, ist geradezu grotesk.

Unabhängig vom Elternbeirat haben sich im Dezember einige Eltern die Mühe gemacht und auf siebeneinhalb Seiten alle Mängel aufgeschrieben, die ihnen aufgefallen sind. Andere Gemeinden wären froh, wenn solche Listen vorliegen würden, die dann abgearbeitet werden können. Im Gemeindeverwaltungsverband Schwieberdingen – Hemmingen wird die Aufstellung lächerlich gemacht, weil diese aufzeigt, dass der Schulträger schon seit Jahrzehnten seine Hausaufgaben nicht gemacht hat. Wenn sich der Hemminger CDU-Vorsitzende darüber aufregt, dass diese Eltern eine Bürgerinitiative bilden und der Kommunalpolitik den Spiegel vorhalten wollen, dann sollte er sich fragen, warum sie dies tun. Wir finden das gut, weil die Eltern Partner sind und keine Befehlsempfänger.

Lehrer sind Landesbeamte und ebenfalls keine Befehlsempfänger der Gemeinden. Daher ist es schon ein starkes Stück, wenn diese einzeln aufgefordert werden, Stellungnahmen zum Streit der Verwaltung mit dem Elternbeirat abzugeben und wenn sie das nicht tun unterstellt wird, dass sie das Vorgehen der Verwaltung billigen würden. Die ablehnende Antwort der Lehrer haben Sie ja bekommen Herr Bürgermeister.

Wenn man Deeskalation will, die dringend geboten ist, muss man mit gegenseitigem Respekt aufeinander zuzugehen, miteinander reden und versuchen, den anderen zu verstehen. Das bedeutet ein direktes Gespräch und nicht versteckt über das Schulamt.

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