RASPEL: Bildung ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Zukunft. Ein Klassiker der SPD. Wie sieht dies bei Ihnen aus?
Liebig Bildung ist der Schlüssel zur aktiven Teilhabe an unserer Gesellschaft. Dies dürfen wir nie aus den Augen verlieren. Erst das Lesen erschließt uns die Geschichten dieser Welt, erst die Mathematik und die Naturwissenschaften die Möglichkeit, sie zu begreifen, erst fremde Sprachen geben uns das Mittel, den Fremden zu verstehen. Das Humboldtsche Bildungsideal bleibt dabei für mich die Leitlinie. Es geht sowohl darum, die notwendigen Kompetenzen für die Ausübung eines Berufs als auch für die persönliche Entwicklung zu erlangen.
RASPEL: Meinen Sie da das aktuelle Schulsystem?
Liebig: Nein, nicht nur. Für mich beginnt Bildung richtigerweise sehr früh und endet zu keinem Zeitpunkt. In Familien, in denen beide Elternteile arbeiten oder im Falle von Alleinerziehenden übernehmen Kindertagesstätten und Kindergärten eine immer größere Bildungsaufgabe. In der Grundschule müssen dann die Grundlagen für den erfolgreichen Besuch einer weiterführenden Schule gelegt werden. Nach der Berufsausbildung und dem Studium folgt dann das sogenannte lebenslange Lernen, denn nur über konsequente Fortbildung wird es in vielen Arbeitsbereichen möglich sein, dauerhaft Beschäftigung zu sichern.
RASPEL: Sorry Herr Liebig, das sind mir zu viele bekannte SPD-Grundsatzaussagen. Können Sie konkret werden?
Liebig: Mir sind darum die folgenden Punkte wichtig:
1.Unsere Kitas sollten nicht nur gebührenfrei für die Eltern werden, sondern auch festen Qualitätsstandards folgen. Indem das Land sich hier finanziell stärker engagiert, hängt die Qualität der Einrichtungen nicht mehr von der Kassenlage der Kommunen ab. Und mehr Förderung im frühkindlichen Bereich stärkt vor allem Kinder aus sozial schwächeren Familien.
2.Unsere Schulen müssen den Spracherwerb noch stärker in den Fokus rücken. Hierzu bedarf es an der Grundschule verstärkter Förderung und an den weiterführenden Schulen mehr Vorbereitungsklassen. Auch sollte Deutsch als Fremdsprache in der pädagogischen Ausbildung eine größere Rolle einnehmen.
3.Corona hat gezeigt, dass digitales Lernen nur sehr begrenzt möglich ist. Dies wird im Arbeitsleben auch eine stets steigende Bedeutung erlangen. Unser Schulsystem muss hier schnell weitere Schritte tun. Dies gilt für die PC/Tabletausstattung, die Lernplattformen, die Inhalte und die technische Betreuung, von der geklärt werden muss, ob die Kommunen oder Land dafür die Kosten tragen. Und zuletzt müssen auch unsere Lehrer noch besser in digitalem Unterricht geschult werden, da muss die Phase der Improvisation vorbeigehen.
4.In Gewerbe und Industrie muss Fortbildung der Arbeitnehmer eine noch größere Rolle einnehmen. Dazu bedarf es auch Überlegungen über die Fortentwicklung von Arbeitszeitmodellen. Wenn in einer zukünftig digitaleren Produktion weniger Arbeitszeit anfällt, kann diese Zeit für die Weiterbildung der Beschäftigten genutzt werden.
RASPEL: Vielen Dank Herr Liebig