10 Jahre Familienfreizeitplatz – Die Festrede von Wolfgang Stehmer

SPD Fraktionsvorsitzender Wolfgang Stehmer

Liebe Festgäste,

der Familienfreizeitplatz hat nicht die politisch bewegte Geschichte wie das Jugendhaus, aber dennoch wurde lange um den Platz gerungen.

In den großen Hemminger Baugebieten der 70er und 80er Jahre wurden meist auch ein Spielplatz mit kleinkind-gerechten Spielgeräten gebaut. Es gab auch die Kinderspielplätze am Kaiserstein und am Seedamm. Es fehlten jedoch Spielgeräte für Kinder zwischen 12 und 18 Jahren.

Wir hatten seinerzeit schon ein aktives Vereinsleben mit sportlichen und kulturellen Angeboten. Aber für die Freizeitgestaltung ohne Verein gab es nichts.

Mehrfach wurde gefordert, am Kaiserstein entsprechende Spielgeräte aufzubauen, was jedoch auf große Vorbehalte stieß. Gemeinderätin Elke Kogler stellte im April 1990 den Antrag, für den Kaiserstein – unter Mitwirkung interessierter Eltern – eine neue Spielplatz-Konzeption zu erarbeiten. Das Platzangebot dort wurde verbessert, aber nur für Kleinkinder.

Anträge zur Einrichtung eines Grillplatzes im Hemminger Wald wurden vom Staatlichen Forstamt abgelehnt.

Im Jahr 1997 wurde in Hemmingen eine Gruppe jüngerer und älter Jugendlicher aktiv und verlangte, dass die Gemeinde einen Platz zur Verfügung stellen sollte, auf dem die Gruppe dann Aufbauten für Inline-Skater vornehmen dürfe. Am Rande des Baggerbisses zum Bau der 2. Sporthalle machten sie auf ihr Anliegen mit Plakaten aufmerksam. In anderen Strohgäugemeinden waren Jugendliche mit ähnlichen Aktionen erfolgreich, in Hemmingen nicht.

Es war zwar mehrfach Geld im Haushaltsplan eingestellt, aber man ließ das konkrete Projekt stets an der Standortfrage scheitern. Die Stuttgarter Zeitung brachte es am 18.02.1999 auf den Punkt: „zu laut und zu teuer – Gemeinderat scheut die Kosten für die Suche nach geeigneter Fläche“.

2002 stellte die SPD-Gemeinderatsfraktion den Antrag, eine Freizeiteinrichtung für Jugendliche zu schaffen, da eine attraktive Einrichtung für Jugendliche zwischen 12 und 18 Jahren fehle. Dabei ging es um ein Angebot für Trendsportarten wie Skateboard, Inline-Skating und Klettern. Auch dieser Vorstoß führte zu keinem greifbaren Ergebnis. Meist überstanden die Anträge nicht die Haushaltsberatungen, weil mehrheitlich andere Prioritäten gesetzt oder SPD-Anträge einfach abgelehnt wurden.

In den Jahren 2006 und 2007 machte die SPD-Gemeinderatsfraktion nochmals den Versuch, unseren Jugendlichen neue Freiräume zu ermöglichen. Der Blick richtete sich auf das Gelände zwischen dem Schlosspark und dem heutigen Gebiet „Hälde“. Vorgeschlagen wurde, dass in einer „Freizeitzone“: Grillmöglichkeiten, Bolzplatz, Bocciabahn, Spielplatz u. ä. geschaffen werden.

Im Frühjahr 2007 kam dann der Freie Wähler-Gemeinderat Jörg Haspel auf mich zu und schlug einen gemeinsamen SPD-Freie Wähler-Antrag zur Errichtung eines Familienfreizeitplatzes vor. Die Freien Wähler hatten den Wunsch, einen attraktiven Naherholungsort mit einer Grillmöglichkeit, Spielgeräten für Kinder, und Ruheplätze für Erwachse und Familien zu schaffen.

Es war sehr leicht, die Wünsche der SPD und der Freien Wähler zu kombinieren. So stellten wir einen Antrag beider Fraktionen mit folgendem Wortlaut:

  1. Die Gemeinde errichtet einen Spiel- und Freizeitplatz für Familien, in dem besondere Freizeitangebote für Jugendliche zwischen 14 – 18 Jahren enthalten sind.
  2. Der Platz umfasst eine frei zugängliche Grillstätte, eine Bocca-Bahn und weitere Spiel- und Sportgeräte nach Beratung durch Fachleute.
  3. Die Bevölkerung ist einzubinden mit Anregungen und Wünschen.

Dabei war uns bewusst, dass die Anlagen stark frequentiert werden und damit ein erhöhter Unterhaltungs- und Reinigungsaufwand durch den Bauhof bestehen würde. Wir haben sechs Standortvorschläge gemacht, einer davon war „ein Platz in der Nähe des Sportgeländes / Seedamm“. Wenn zwei Fraktionen einen Antrag stellen, muss der Bürgermeister davon ausgehen, dass dafür auch die Mehrheit im Gemeinderat organisiert werden kann.

Gleich nach der Sommerpause 2007 wurden sechs Plätze untersucht, aber nicht als geeignet befunden. Im Jahr 2010 konnte die Gemeinde ein 20 Ar großes Grundstück hinter der Hemminger Sportanlage erwerben. Das war dann der Durchbruch.

Wie 2007 beschlossen, wurde die Bevölkerung in die Konzeption einbezogen. In vielen Planungsrunden vervollständigte sich das Bild für einen Familienfreizeitplatz, bei dem sechs Gruppen intensiv in sogenannten „Bürgerworkshops“ mitwirkten. Manfred Gutbrod setzte sich vor allem für Klettereinrichtungen ein, nachdem entsprechende Anträge innerhalb und außerhalb der Sporthallen abgelehnt wurden. Die Skaterbahn und die Grillhütte im oberen Bereich, Kletteranlagen, Sandspielbereich und Schaukeln im unteren Bereich am Rohrer Weg. Ein Förderverein unter maßgeblicher Mitwirkung von Ralf Horwath gründete sich schon bei der Planung.

Am 11. Oktober 2011 stimmte der Gemeinderat mit großer Mehrheit dem Bau des Familienfreizeitplatzes zu. Kosten rd. 240.000 Euro, das waren rd. 100.000 Euro mehr als ursprünglich geplant. Die Kritik der CDU gipfelte in dem Satz: „Wenn uns Bürgerbeteiligung jedes Mal so teuer kommt, können wir uns das bald nicht mehr leisten“. Doch das stimmte nicht, nicht die Bürger waren der Preistreiber, sondern die Fachleute. Spatenstich war am 9. März 2012.

Danach wurde noch ein sogenanntes „Anregungsschreiben“ mit 29 Unterschriften eingereicht, das zum Ziel hatte, die Nutzungszeiten einzuschränken, offenes Feuer und elektronische Musik zu verbieten. An einem „Runden Tisch“ wurde die Ausgestaltung der Benutzungsordnung nochmals genaustens diskutiert.

Gerade rechtzeitig urteilte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, dass Geräuschimmissionen, die durch den bestimmungsgemäßen Gebrauch von Kinderspielplätzen verursacht werden, unbeachtlich sind. Damit war ein jahrzehntelanger Rechtsstreit zugunsten der Kinder entschieden worden.

Große Diskussionen gab es noch, nachdem zwei Bodenwellen eingebaut wurden, um die Fahrtgeschwindigkeit auf dem Rohrer Weg einzudämmen.

Heute, im 10. Jahr des Bestehens, kann rückblickend festgestellt werden:

  • Der Familienfreizeitplatz wird sehr gerne angenommen und ist beliebt bei Jung und Alt.
  • Er wird auch über die Gemeinde hinaus als gutes Beispiel angesehen.
  • Es waren keine größeren Unfälle zu beklagen.
  • Die befürchteten Beschwerden sind bis auf wenige Ausnahmen ausgeblieben.
  • Der Familienfreizeitverein wacht über den Platz und zeigt auch, wie man friedlich und mit Gemeinsinn den Platz benutzen kann.
  • Er ist ein Gewinn für alle Bürgerinnen und Bürger.

Mein besonderer Dank geht an Ralf Horwath und seine Mitstreiter*innen, die sich stets dafür einsetzten, dass der Familienfreizeitplatz ein ansprechender Aufenthaltsort geblieben ist.

Ich bin stolz, Mitglied dieses Vereines zu sein.

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