Von Wolfgang Stehmer
Im Grundsatz sind sich die demokratischen Parteien in Deutschland einig: Ausreichender und bezahlbarer Wohnraum in ansprechender Qualität sind für uns unerlässlich. Im grün-schwarzen Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung steht dann auch: „Immer mehr Menschen haben es inzwischen schwer, angemessenen und für sie bezahlbaren Wohnraum zu finden. Deshalb ist die Schaffung ausreichend bezahlbaren Wohnraums die soziale Frage der Gegenwart.“ Dies trifft vor allem in der Region Stuttgart zu. Aber auch in Hemmingen gibt es diesen dringenden Bedarf. Deshalb forciert die SPD-Gemeinderatsfraktion das beschlossene Baugebiet südlich der Pestalozzistraße. Doch die Baupreise und die Mietkosten steigen ständig mit Zuwachsraten, die weit höher sind als die Lohnentwicklung. Staatliche Hilfen, wie das Baukindergeld, reichen nicht aus, damit Familien mit Durchschnittsverdienst Wohneigentum erwerben können. Gefragt sind nicht nur Bund und Land. Die Gemeinden müssen sich sowohl in den Bebauungsplanungen als auch in ihrer Grundstückspolitik dieser sozialen Frage stellen und Wohnungen zu erschwinglichen Preisen ermöglichen.
Für die SPD Hemmingen kann die Lösung dieses Problems nicht allein in neuen Baugebieten liegen, die immer mehr Grund und Boden versiegeln. Wir fordern bereits seit Jahren, den bestehenden Wohnraum besser und effektiver zu nutzen. Auch die neue Landesregierung will Dachausbauten und Aufstockungen leichter ermöglichen und bürokratische Hindernisse abbauen. Der Gemeinderat muss daher bereit sein, bestehende Bebauungspläne entsprechend anzupassen. In Hemmingen haben wir noch das Phänomen, dass es im Ort sehr viele Baulücken gibt, die leicht bebaubar wären. Das von der SPD im Jahr 2013 beantragte Baulückenkataster zeigt mehr als 50 bebaubare Grundstücke auf, die auch heute noch brach liegen. Verwaltung und die Mehrheit des Gemeinderats waren seinerzeit der Meinung, dass es wegen der Größe der Gemeinde „nicht notwendig sei, hier vertiefend tätig zu werden“. Welch ein Irrtum. Wir können es der nachfolgenden Generation nicht zumuten, dass im Ortsgebiet viele Baugrundstücke spekulativ freigehalten werden (sog. „Enkelgrundstücke“), wenn aus diesem Grund neue Baugebiete am Ortsrand erschlossen werden müssen.
Daraus lernen wir auch, dass es in künftigen Neubaugebieten keine sog. „Enkelgrundstücke“ mehr geben darf. Dies erreichen wir nur, wenn alle Grundstücke, die in eine Umlegung fallen, künftig über die Gemeinde vermarktet werden. Diese kann dann auch den Grundstückspreis beeinflussen und damit bezahlbaren Wohnraum fördern. In jedem Neubaugebiet muss bereits bei der Konzeption vom Gemeinderat beschlossen werden, wie hoch der Anteil der bebauten Grundstücksflächen für den sozialen Mietwohnungsbau sein soll. Auf Antrag der SPD wurde beschlossen, für das Neubaugebiet „Südlich der Pestalozzistraße“ 25 % der bebaubaren Grundstückfläche dafür bereitzuhalten.
Die damit verbundenen Einschränkungen für den Grundstückseigentümer sind hinnehmbar. Der Verkaufserlös für Bauerwartungsland ist auch in Hemmingen mindestens 25-fach höher als für Ackerland. Spekulationen für noch höhere Gewinne sind mit dem Sozialgebot in Artikel 14 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht vereinbar.
Um die soziale Frage des Rechts auf angemessenen Wohnraum zu lösen, braucht es ein generelles Umdenken in der Hemminger Wohnraum- und Grundstückspolitik. Packen wir es an!