Stellungnahme des SPD-Fraktionsvorsitzenden im Hemminger Gemeinderat zum Wechsel in der Fraktionsspitze der FWV
Im letzten Gemeindemitteilungsblatt hat sich Frau Waldenmaier als neue Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler vorgestellt. Nicht – wie man vermuten könnte – mit neuen Ideen oder politischen Zielen für unsere derzeit schwergängige Gemeindepolitik, sondern mit einem heftigen Tritt gegen die SPD-Fraktion. Wenn man sonst nicht viel zu bieten hat, ist das nach ihrer Meinung wohl die beste Methode, Aufmerksamkeit in den eigenen Reihen und Beifall bei der nahestehenden CDU zu erlangen. Wer jedoch konstruktive Zusammenarbeit möchte, wie sie vorgibt, muss auf andere zugehen und sie nicht abwatschen.
Die angesprochene SPD-Fraktion wird sich mit solchen Äußerungen nicht aus dem Konzept bringen lassen. Jedoch wollen wir ihre Worte „Die Auseinandersetzungen mit der SPD-Fraktion … verhindern so manches Mal ein konstruktives Arbeiten …“ einmal einem „Faktencheck“ unterwerfen:
- Heftige Auseinandersetzungen mit der SPD gab es in den letzten Jahren meist, wenn es um soziale Aspekte ging (mehrfache Erhöhung der Kindergartengebühren um jeweils 9 %; kräftige Erhöhung der Mieten in Zeiten von Corona), um bessere Bildung für Hemmingen (Errichtung einer Oberstufe für die Gemeinschaftsschule), um die Gemeindeentwicklung (Abbruch des Gemeindeentwicklungsprozesses; Anmahnung eines verbindlichen Verkehrskonzepts) oder die Verhinderung bereits beschlossener Maßnahmen aus SPD-Anträgen (öffentliche Toilette am Bahnhof, Einrichtung eines Bürgerbüros). Dabei ging es im Kern um kommunale Angelegenheiten, über die es sich lohnt, politisch zu streiten. Der Bürger erwartet zu Recht, dass sich die Gemeinderäte für seine Anliegen einsetzt. Dazu gehört in der Demokratie auch, dass darüber gestritten wird.
Leider wurden diese Diskussionen von einzelnen Gemeinderäten in den Sitzungen immer wieder zu persönlichen Verunglimpfungen der SPD-Gemeinderäte missbraucht. Ich erinnere an die eindringlichen Appelle unseres mittlerweile verstorbenen Altgemeinderats Gerhard Stahl in seinen Haushaltsreden, in denen er die persönlichen Anfeindungen mehrfach angeprangert und eine bessere Sitzungsleitung angemahnt hat. - In der letzten Sitzung des Gemeinderats am 6. Oktober wurden 23 Tagesordnungspunkte (TOPs) beraten. Alle 14 TOPs der öffentlichen Sitzung wurden einstimmig beschlossen. In vier der 9 nichtöffentlichen TOPs wurde die SPD überstimmt. In den Sitzungen davor war es ähnlich. Wo die SPD dabei „konstruktives Arbeiten“ verhindert haben soll, bleibt ein Geheimnis der neuen Fraktionsvorsitzenden.
- Bleiben dann nur noch die Anwaltschreiben von sechs Gemeinderäten der CDU und FWV, eine daraus resultierende Klage des stellv. Bürgermeisters gegen SPD-Gemeinderätin Kogler und eine Anzeige des Bürgermeisters zweier Gemeinderäte der SPD und des SPD-Ortsvereinsvorsitzenden, die Stuttgarter Zeitung (SZ) berichtete darüber bereits am 10.10.2020. Während die Klageschrift des stellvertretenden Bürgermeisters bereits vorliegt, ist der Wortlaut der Anzeige des Bürgermeisters den Beschuldigten bisher nicht bekannt, obwohl der Bürgermeister – laut Stuttgarter Zeitung – diese bereits Ende Mai versandt hat. Es ist wohl ein einmaliger Vorgang in Hemmingen und darüber hinaus, dass ein Bürgermeister zwei Gemeinderäte anzeigt und diese erst 4 Monate danach zufällig aus der Presse erfahren, dass sie angezeigt wurden. Konstruktive Zusammenarbeit sieht anders aus.
Die rechtlichen Auseinandersetzungen haben ihren Ursprung in der Tatsache, dass sich die SPD-Gemeinderäte zum Jahresende geweigert haben, in eine freiwillige „Gemeinschaftskasse für Fahrten und Feste“ (so die SZ) einzuzahlen und ihre Bedenken gegen die Kasse veröffentlicht haben. Wer will einem Gemeinderat verbieten, sein Abstimmungsverhalten zu erläutern?
Ich schreibe diese Zeilen, damit der unbefangene Leser erkennen kann, mit welcher Begleitmusik der Hemminger Gemeinderat derzeit arbeitet. Der verstorbene Alt-Bundespräsident Gustav Heinemann hat einmal gesagt: „Wer auf andere mit dem ausgestreckten Zeigefinger zeigt, der deutet mit drei Fingern seiner Hand auf sich selbst.“ Aber Schuld sind immer nur die Anderen!
Wolfgang Stehmer